Mauer - Brüche

Bilder und Texte
zur
teilenden Verbindung im Gegen-sch(l)uß


Auszüge aus dem Inhalt



Vorwort


20 Jahre ist es nun schon her, dass die Grenze zwischen der BRD und der DDR in beide Richtungen geöffnet wurde. Zuvor habe ich durch zahlreiche Reisen die am 7. Oktober 1949 gegründete DDR (Deutsche Demokratische Republik) und natürlich auch die Menschen dort ein wenig kennen lernen dürfen. Ich fand Gefallen an der mir gegenüber freundlichen Umgangweise und dem Ideenreichtum und der Spontanität dieser Menschen.

Die Stadt Berlin hatte zu der Zeit auf beiden Seiten der Mauer einen besonderen Charme. Politisch als auch kulturell bunt zusammengewürfelt erlebte ich als Jugendliche ein völlig anderes und unbefangenes Leben, was mir zeigte, dass es noch eine andere mich respektierende Welt gab als die des von Diskriminierung geprägten Alltages in meiner Wohngegend.

Am 9. November 1989 erlebte ich die „Maueröffnung“ zu Hause vor dem Fernsehgerät, was bei mir sehr gemischte Gefühle auslöste: Einerseits freute ich mich für die Menschen und deren nunmehr auch politisch vermeintlich neu gewonnene Freiheit. Doch andererseits fürchtete ich den immer schon schwelenden deutschen Wunsch, zu einem nationalistisch geprägten Großdeutschland zu expandieren. Was ich dann in den folgenden Jahren in Form von rassistischen Übergriffen sogar in Berlin zu spüren bekam.
Auch dachte ich bei mir: Die Gier und die Brutalität des „real existierenden Kapitalismus“ verträgt sich so gar nicht mit der bisher gelebten Realität der Menschen der nun ehemaligen DDR. So schrieb ich auch dazu einige Texte.

Als Hobbyphotographin und verliebt in Berlin entstand somit eine große Sammlung an Bildern und Texten zu meinen damaligen Erlebnissen, Eindrücken und Gedanken. Einen Teil dieser Sammlung finden Sie nun hier in diesem Buch wieder.


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Immer wahr

Am Tag geh ich zur Mauer
Hier Westen, da Osten
Touristen mit Fotoapparaten hier
Bewaffnete Wachsoldaten drüben

Nach der Mauerbesichtigung zu Hause
Im Westen, im Osten?
Es dämmert das Nachtleben herein
Eine freie unbeschwerte Nacht zum Schein

In der Nacht gehe ich zur Mauer
Hier Westen, da Osten
Die ist ja immer noch da!
Die Mauer ist auch in der Nacht wahr


Flora E. Bernhagen, Kierspe, 30.05.1988


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Berlin und das Pfingstkonzert
(David Bowie live)

Mein erster Besuch in Berlin liegt schon eine geraume Zeit zurück. Das war ungefähr im Jahre 1982, als ich bereits mein 11. Lebensjahr vollendet hatte. Somit kann ich mich leider nur noch schemenhaft daran erinnern, wie ich am Busbahnhof neben dem Funkturm meinen „ersten Schritt“ auf Berliner Boden machte.

Der Anlass unserer Reise nach Berlin war einfach, und ist kurz erzählt: Mein älterer Bruder wollte mit seiner Freundin möglichst preisgünstig in den Urlaub nach Griechenland fliegen. Was liegt da näher, als die billigen Angebote der deutschen demokratischen Republik (DDR) zu nutzen. Somit fuhren wir damals in aller Herrgottsfrühe von Zuhause los und erreichten nach einer mir endlos erscheinenden Reise gegen Nachmittag das Stadtgebiet von Berlin. Auf der Hinfahrt haben wir uns zu fünft in den roten Renault 16 quetschen müssen, aber nachdem ja mein Bruder und seine Freundin uns für ihre Abreise vom Flughafen Berlin Schönefeld verlassen haben werden, würde unsere Rückreise mehr als angenehmer sein. Ich würde dann die gesamte Rückbank für mich allein in Beschlag nehmen können.
Mein Vater hatte die Fahrt mehr oder minder spontan organisiert und fragte meinen zweiten Bruder und mich, ob wir nicht auch einmal eine Großstadt wie Berlin sehen wollten. Auch sei es eine noch nie da gewesene Abwechslung von der verträumten sauerländischen Kleinstadt, in der wir wohnten.

Schemenhaft läuft noch heute der Film vor mir ab, ...


Flora E. Bernhagen,Kierspe, 1987
überarbeitet, Berlin 2008


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Genau durchs Herz

Die Mauer in der Nacht
Sie sieht bedrohlich
Und endlos aus
Bunte Tiere, Monster
Und Phantasiewesen
Stieren mich an
Lachen über alles
Und zeigen spöttisch
Mit ihren drei Händen
Und 6 Fingern
Auf die abgewrackte
Verspießerte Welt

Arm in Arm
Gehen wir entlang
An diesem
So endlosen Comic
Ich empfinde Unbehagen
Fühle mich beobachtet
Das Niemandsland
In gleißendem Licht
Mit Scheinwerfern
Und hohen Lampen
Auf der anderen Seite
Wir stehen im Westen
Und sehen hinüber
Zwei Grenzposten patrouillieren
Auf einer Bühne
Mit schlichtem Bühnenbild

Hier Dunkelheit
Da blendendes Licht
Hier Westpolizei
Dort die Grenzer
Wir in der Mitte
Oder doch nur am Rand
Und ich ohne Paß
Jeder beobachtet jeden
Unbehagen, Neugierde
Und Mißtrauen
Die endlose Mauer
Zerschneidet die Stadt
Genau durchs Herz


Flora E. Bernhagen, Kierspe/Berlin, Sommer 1988


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Denkpause

Eine Denkpause
Ist die Pause
Des Denkens
Um
Eine Pause
Zum Denken
Zu haben.


Flora E. Bernhagen, Berlin, 27.06.2008


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